Klaus Satzke / Die Einführung von Bildungsstandards - ein schwieriges und riskenreiches Unterfangen

von Klaus Satzke

Bildungsstandards schaffen (im Unterschied zu den Lehrplänen) einen schuartenübergreifenden Vergleichsmaßstab, der Grundqualifikationen konkret benennt und diese damit einer Beobachtung, Bewertung und wohl Messung zugänglich macht.

Bildungsstandards werden daher zweifellos die ungelösten Probleme des Schulübertrittes aus den parallelen Schularten der Sekundarstufe I in weiterführende Schulen verdeutlichen, die der einen Schülergruppe (in der AHS) schon bei „Genügend" den prüfungsfreien Übertritt ermöglicht, die andere Schülergruppe (in der HS) durch ein kompliziertes Leistungsgruppensystem zwingt.

Bildungsstandards provozieren Fragen über die Ursachen unterschiedlicher Leistungsergebnisse, sie leisten aber keine Ursachenanalyse. Diese kann nur an der Schule selbst geschehen.

Messergebnisse für sich alleine bewirken wenig, allenfalls „Anpassung" an die Messwerkzeuge oder sogar Manipulation.

Sie müssen aber Grundlage und Anlass für
- die schulinterne und regionale Auseinandersetzung über mögliche Ursachen von Problemen sein,
- für eine standortbezogene Modifikation von Rahmenbedingungen des Unterrichts,
- von Unterrichtsmethoden und
- von standortübergreifenden Maßnahmen in einer Bildungsregion sein.

Dazu bedarf es an den Schulen selbst erweiterter Gestaltungsfreiräume sowie der Unterstützung durch qualifizierende und begleitende sowie betreuende Einrichtungen.

- Man sage nicht, dass das alles erst neu zu schaffen wäre und Unmengen an finanziellen Mitteln erfordert. Wir leisten uns in Österreich

- ein aufwendiges System einer (zweigleisigen) Lehrerbildung,

- wir veranstalten jährlich abertausende Fortbildungsveranstaltungen für Lehrer und

- wir haben weit mehr als 300 Schulinspektoren, die sich zumindest auf der Konzeptebene (und dann und wann auch schon in der Realität) als Bildungsmanager verstehen, die solche Prozesse anregen, fördern und begleiten könnten.

Entwicklung und Veränderung von komplexen Systemen (und an der Komplexität des Schulwesens ist nicht zu zweifeln) ist immer auch mit Risken verbunden. Die größte Gefahr bei Konzepten der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung ist wohl in einem isolierten Nebeneinander von Maßnahmen zu sehen, die sich verselbständigen und die eigentlichen Entwicklungsziele aus dem Auge verlieren.

Im Rahmen unserer Website stellen wir einige der wichtigen Fragen zur Diskussion und laden zur Kommentierung sowie zu eigenständigen Beiträgen ein:

Helmut Seel weist darauf hin (siehe www.bpag.at „Standards und Bildungsschule"), dass alleine schon die „Beschränkung" der Standards auf so genannte Hauptfächer eine unzulässige Beschneidung des Bildungsanspruches allgemein bildender Schulen darstellt. Es erscheint unhaltbar, diese Eingrenzung aufrecht zu erhalten und damit große und wichtige Felder des fachübergreifenden Lernens und des Erwerbs von fachunabhängigen Schlüsselqualifikationen bei Seite zu schieben. Erst recht muss dies den Blick dafür schärfen, dass wir uns trotz mancher Lippenbekenntnisse zu einer umfassenden Bildung in der Realität an den Nahtstellen des Schulwesens und bei allen Selektionsentscheidungen ausschließlich um die Leistungsergebnisse in den Hauptfächern kümmern.

Ortwin Wingert weist darauf hin (siehe www.bpag.at „Bildungsstandards"), dass isoliertes Testen und Überprüfen nicht nur zu keinen Verbesserungen führt, sondern oftmals Fehlentwicklungen verursacht, die sich in einem Teufelskreis selbst bestätigend noch verstärken, nicht zuletzt dann, wenn sie einer Schulverwaltung nur dazu dienen, anstelle einer Systemreform den „Druck von oben" als Gesundungsrezept zu setzen.