Schule im Griff der Parteisekretariate und Interessenvertretungen


Das Modell-Regionen-Paket für eine sogenannte Schule der 6- bis 14-Jährigen (so umständlich heißt es im Bericht der Bildungsreformkommission) ist unzweifelhaft eines der wirklich wichtigen Vorhaben, das Mitte November von Bildungsministerin Heinisch-Hosek und Staatssekretär Mahrer der Öffentlichkeit präsentiert wurden.  Letztlich  geht es darum, dass Schulen einer Region auf der Basis eines gemeinsamen und durchaus anspruchsvollen pädagogischen Konzeptes zusammenarbeiten und sich  die Abgänger der Volksschulen ohne vorausgehende Selektion auf die einzelnen Schulstandorte verteilen. Damit könnte man in den Ballungszentren das Problem der ausgepowerten Restschulen und im ländlichen Bereich die Bildungsbenachteiligung,  die aus einem reduzierten Schulangebot resultiert,  in den Griff bekommen. Die Sache ist also wichtig und vordringlich!

Das Papier der Bildungsreformkommission zu diesem Vorhaben ist erkennbar eilig verfasst worden. Es enthält einige wichtige Punkte, viele wichtige Fragen bleiben aber leider offen, andere sind unklar und vieles ist  interpretationsbedürftig. Im Detail festgelegt hat man sich bei der Begrenzung des Projektes (das Wort „Schulversuch“ kommt nicht vor): Kein ganzes Bundesland und nicht mehr als 15% der Schulen bzw. Schüler!  Und weil es sich – nicht überraschend – bei diesem wichtigen, aber wenig durchdachten Limit spießt, kann man nun eine Diskussion verfolgen, die tatsächlich erschreckend ist. Es ist  eine Diskussion der Parteisekretariate, der Landeshauptleute, der Parteiobmänner und der Lehrer-Interessenvertretungen. Sie alle glauben zu wissen, was gut oder schlecht für die Schule ist und was im Interesse von Schülern und Eltern sei. Niemandem scheint bewusst zu sein, dass es sich hier um eine nur schwer erträgliche Anmaßung handelt. Welches Demokratiemodell steht da eigentlich dahinter?

Da spricht der Vizekanzler mit dem Vorarlberger Landeshauptmann und wird vom Wiener Parteiobmann zurechtgewiesen. Da lehnt der Verein der Gymnasialdirektoren in Tirol die Mitarbeit in einer Steuergruppe einfach ab und will damit das gesamte Projekt ohne Diskussion torpedieren. Da präsentiert  der Wiener Bürgermeister beim Landesparteitag die Idee eines Gymnasiums für alle (originell, aber unausgereift) und eröffnet damit eine neue Diskussion, bevor wir noch wissen, was eigentlich mit dem Papier der Bildungsreformkommission (bei dem er ja mit dabei war), gemeint war. Und die zuständige Bildungsministerin schweigt zu all diesen Vorgängen und hat noch immer nicht die Arbeitsgruppe eingerichtet, die lt. dem vereinbarten Papier der Bildungsreformkommission „Vorschläge für die erforderlichen rechtlichen Änderungen zur Errichtung einer Modell-Region ausarbeiten soll“. Mit anderen Worten: Es wird heftig über ein Projekt gestritten, bei dem ganz wesentliche organisatorische und inhaltliche Fragen, nicht nur die leidige Frage der Prozentgrenzen, noch völlig offen sind!

Wer bei dieser Art der Diskussion nicht zu Wort kommt, das sind die Eltern, die in den künftigen „Modell-Regionen“ ihre Kinder in die Schule schicken sollen! Wie und wo sollten sie sich auch zu Wort melden? Die weitgehend  paralysierten Kollegien der Landesschulräte wären ohnehin überfordert und sollen ja auch lt. dem Bericht der Bildungsreformkommission abgeschafft werden; und ansonsten gibt es nur Beiräte, wo man zwar seine Meinung sagen darf, aber keinen ernst zu  nehmenden Einfluss auf Entscheidungen hat. Die sogenannte  Schulpartnerschaft findet bestenfalls am jeweiligen Schulstandort statt; eine  schulort- und schulartenübergreifende Meinungsbildung in einer  Region ist nirgend vorgesehen und wahrscheinlich auch nicht gewünscht. Die Bildungspolitik wird nicht umhinkommen, ein zeitgemäßes Modell der Mitgestaltung und Mitbestimmung zu entwickeln. Die Weiterentwicklung unseres Schulwesens ist ohne einer aktiven Beteiligung der Schulcommunity nicht mehr möglich, auch wenn die Strippenzieher in den Parteisekretariaten das nicht wahrhaben wollen.

K.S.