+ Helmut Seel 28.2.1933 – 14.4.2021


Helmut Seel, Gründungsmitglied und Obmann der „Bildungspolitischen Arbeitsgemeinschaft“, ist am 14. April 2021 nach kurzer schwerer Erkrankung  im 89. Lebensjahr verstorben. Das ist nicht nur für unseren  Verein ein großer Verlust, sondern auch  für alle Menschen in Österreich, denen ein fortschrittliches Bildungssystem und die stetige positive Weiterentwicklung unserer  Schulen ein Anliegen ist. 

Das Wirken Helmut Seels war von den frühen 70er-Jahren an auf das Engste mit den Schulversuchen verbunden. Es sind jene Schulversuche, von denen Hermann Schnell in seinem Buch  „ Bildungspolitik in der Zweiten Republik“ feststellt: „Die Schulversuche zur Schulerneuerung in der Kreisky-Ära stellten das größte und umfangreichste pädagogische Unternehmen der österreichischen Schulgeschichte und Bildungspolitik dar.“ Das Modell der Integrierten Gesamtschule, an dessen Entwicklung Helmut Seel maßgeblich mitwirkte,  war als Kompromissmodell gedacht.  Es sollte eine zu frühe Selektion mit dem 10. Lebensjahr verhindern, an allen Schulstandorten der Mittelstufe eine Bildung auf AHS-Niveau für begabte Schüler garantieren und letztlich auch die Erhaltung der AHS als Oberstufenform sichern. An den Folgen der Ablehnung dieses bildungspolitischen Kompromisses leidet das österreichische Schulwesen bis heute. Über all die Jahrzehnte seither bis in die Gegenwart blieb Helmut Seel dem Grundgedanken einer gemeinsamen Schule für die 10-14-Jährigen verbunden, einer Schule, die den sozialen Ausgleich sichern und allen Schülerinnen und Schülern eine bestmögliche Wahrung ihrer Bildungschancen ermöglichen soll. Die Bildungspolitik der Sozialdemokratie hat ihm diese klare Position nicht immer leicht gemacht,  aber so klar er für seine Überzeugungen argumentierte, so loyal blieb er auch stets seiner Partei gegenüber.

Bei der Nationalratswahl 1983  wurde Helmut Seel von der SPÖ Steiermark als Abgeordneter zum Nationalrat nominiert und ins Parlament gewählt.  Von 1992 bis 1994 nahm er die Aufgabe des  Schulsprechers der SPÖ wahr. In diese Zeit fällt die Verabschiedung der 14., 15. und 16. Novelle zum Schulorganisationsgesetz mit den Regelungen zur  Behindertenintegration, Schulautonomie und zur Einrichtung von Ganztagsschulen sowie die Neugliederung  des Schulwesens in Primarschulen und Sekundarschulen innerhalb der Gesetzessystematik. Das Vermächtnis des Bildungspolitikers Seel ist wohl darin zu sehen, dass er Bildungspolitik als das Bewegen und Verändern innerhalb eines hochkomplexen Raumes mittels kleiner, wohlüberleger, systematischer Schritte auf der Grundlage fundierter Systemkenntnisse verstand. Damit unterschied er sich grundlegend von einer Politik, die sich weitgehend von tagespolitischen Themen tragen lässt und den Blick in die Vergangenheit ebenso vermeidet wie eine Orientierung an längerfristigen Zukunftsprognosen.

Nach dem altersbedingten Rückzug aus den politischen und wissenschaftlichen Institutionen erklärte sich Helmut Seel bereit, als Obmann der „Bildungspolitischen Arbeitsgemeinschaft“ zu fungieren und tatkräftig an einer Kommentierung der bildungspolitischen Themen mitzuwirken. Auf diese Weise entstanden wichtige Stellungnahmen zu aktuellen bildungspolitischen Problemen, und derer gab es in den folgenden Jahren genug. Die wichtigsten Analysen und Stellungnahmen aus dieser Zeit konnten wir in der Publikation „Brennpunkte der österreichischen Schulentwicklung / Rückblicke und Analysen“ für eine interessierte Öffentlichkeit zugänglich machen.