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Warum es einer anderen Lehrerbildung bedarf – Lehren und Lernen im 21. Jahrhundert

von Anton Dobart
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Der untenstehende Beitrag ist eine Zusammenstellung zentraler Textpassagen, die aus einer umfassenderen, argumentativ geschlossenen Darstellung von Dr. Anton Dobart stammen. Der vollständige Text kann beim Menüpunkt „Archiv“ vollständig abgerufen werden.

  • Das Gelingen eines selbstbestimmten Lebensentwurfs bedarf neben der Entwicklung der Kompetenzen zu selbstorganisiertem Leben der Einbettung in einen entsprechenden gesellschaftlich-politischen Ordnungsrahmen, in dem ein effizientes Zusammenspiel eigenmächtiger AkteurInnen gesichert und zur Wirkung kommen kann.
  • Durch die Relativierung bisher vorherrschender gesellschaftlicher Narrative und den Verlust ihrer Deutungs- und Orientierungsmacht für gesellschaftliche Transformation werden Zukunftsperspektiven offener, zu gleich aber auch unsicherer.
  • Bildungsprozesse bedürfen dazu eines systemischen Ansatzes, in dem die unterschiedlichen Akteure und die verschiedenen Handlungsebenen in systemischen Blick genommen und in den Prozessen auf die Wechselwirkung der verschiedenen Ebenen geachtet wird. Von den Akteuren gemeinsam erarbeitete Zielstellungen brauchen Handlungsräume, die Erprobung und Verwendung von kreativen Anwendungen zu lassen und in denen Wissen und neue Vorstellungen entwickelt werden können.

Zum Lernen

  • Voraussetzung dazu ist ein Verständnis von Lernen, in dem die in der Person vorhandenen Potentiale, ihre/seine Fähigkeiten angesprochen und breit zur Entfaltung gebracht werden können.
  • Nach den Erkenntnissen der neurobiologisch-konstruktiven Lehr- und Lerntheorie wird Wissen im Gehirn der konkreten Lernenden von ihnen geschaffen. Lernen läuft unbewusst ab und ist schwer beeinflussbar. In einem „Skript“ können höchstens theoretische und praktische Erfahrungen von Lehr- und Lerngeschehen in schulischen und nicht schulischen Kontexten festgehalten und so dargestellt werden, wie im kognitiven System des Lernenden „neue Informationen in die bereits vorhandene kognitive Struktur aufgenommen und im Verstehen als Prozess individueller Lern- und Wissenskonstruktion eigenständig gestaltet werden.“ (Kollar/Fischer, S 50)
  • Im Lernen wird Wissen auf unterschiedliche auch neue und komplexe Situationen und Kontexte angewendet und dabei Vorstellungen für zukünftige Lösungsansätze für Probleme entwickelt. Vorstellungen lenken Denken und Handeln und prägen Wahrnehmungsmuster.
  • Lernende brauchen offene Räume und Gelegenheiten dies zu erproben. In solchem Kontext dominiert nicht die Angst vor Fehlern, sondern die Ermutigung, Alternatives anzudenken, kreativ Lösungswege zu suchen, Verantwortung zu übernehmen und so seine Stärken zu erkunden und sich zu erproben.

Zur/Zum Lehrenden

  • Um pädagogische Arbeit in den vielfältigen Spannungsverhältnis zu leisten, müssen Lehrende kontinuierlich sowohl an ihrer Person, als auch an ihrer Profession arbeiten. Auch sie brauchen ein Klima der Anerkennung und die Fähigkeit zu Kollaboration, um sich kontinuierlich weiterentwickeln zu können. Sie entwerfen Praxis, suchen kreative Wege der Gestaltung von Räumen, in denen Lernende in ihren Bildungsprozessen gestärkt werden. Dabei ist breiter Raum für Eigeninitiative, für kreative Anwendung von Wissen und die Generierung neuen Wissens gegeben.
  • Die Gestaltung der Professionalitätsentwicklung liegt in deren Hand und erfordert eine Ausbildungsstruktur und – kultur in Form offener Denk- und Handlungsräume, die zu Selbstreflexion motivieren, das Fragen und gemeinsame Suchen nach Lösungen fördern und die Auszubildenden so in die Lage versetzen, reflektiert zu „erproben“ und sich so auf ihren Beruf vorbereiten.

Zum Lernen und Leben in offenen institutionellen Netzwerkstrukturen

  • Noch immer sind Schulen Orte der Massenabfertigung und nicht Polis, in der eigenverantwortlich mit Neugierde und Enthusiasmus gelernt und gearbeitet werden kann. Eine Konsequenz: Weg von Klassenräumen als „little boxes“, hin zu offenen Räume in denen im Umgang mit Differenz selbstständig gelernt werden kann.
  • • Für Interaktion und Integration in einer multikulturellen Gesellschaft, in der Konflikte und Verständigungsprobleme durch die Vielfalt kultureller Herkünfte bestehen, bedarf es vermehrt „Schule als Polis“ und des Lernens an Differenz.
  • Die sozialen Kompetenzen wie Rücksichtnahme, Einfühlung, Selbstdisziplin und Verantwortungsgefühl bedürfen zunehmend der Erweiterung auf die ökologische und globale Dimension.
  • Um die Entfaltung eines individuellen Lebensstils, die Fähigkeit zum solidarischen Agieren und vermehrt Sensibilität in ökologischer Fragen in Einklang zu bringen bedarf es einer entsprechenden Wertehaltung beim Lernenden.

Zum Schluss:

  • Schule muss von ihren traditionellen Denk- und Handlungsmustern „entkernt“ und zu einem offenen experimentellen Denk- und Handlungsraum werden. Sie ist dabei Teil des regionalen und nationalen Lern- und Kommunikationsnetzes, unterstützt relevante, individuelle und gemeinschaftliche Lernprozesse, die wesentliche Voraussetzung für eine produktive, humane Zukunftsgestaltung sind.