Schulreform: Der Mythos vom Neustart
von Lorenz LassniggArtikel drucken
Nachfolgende Zitate stammen aus einer höchst lesenswerten, glänzenden Analyse von Lorenz Lassnig „Schulreform: Der Mythos vom Neustart“ (Der Standard vom 11.11.2015):
Angesichts der Menge an Reformen kann in der Bildungspolitik von Stillstand de facto nicht gesprochen werden … Beispiele für diese Reformen sind, beginnend mit der Autonomiereform 1993, der Umbau der Mittelstufe, die Bildungsstandards, die Maturareform, die neue Lehrerbildung, die Dienstrechtsreform, die Bifie-Gründung und Reform sowie viele kleinere Ansätze wie der Aufbau der Didaktikzentren, die Ansätze der Qualitätsentwicklung, verschiedene Initiativen zur Leseförderung, viele Projekte zur Schulentwicklung und nicht zuletzt verschiedene Lehrplanreformen im Sinne der Kompetenzorientierung – es wurden auch beträchtliche zusätzliche Mittel in das Schulwesen gepumpt, die vor allem in zusätzliche Lehrpersonen gegangen sind. … Die Frage ist daher nicht die Größe der Reform, sondern wie die Politik auf den Boden gebracht werden kann und warum eine derart universelle Wahrnehmung des Stillstandes entsteht. …Die Reformen kommen aufgrund der Zuständigkeitsstruktur nicht auf den Boden. Vordergründig besteht eine dicht regulierte Bürokratie mit dem Ministerium an der Spitze und den Schulen/Lehrpersonen an der Basis, der Durchgriff ist jedoch auf der Landesebene gebrochen. Die Folge: Die Leute leiden unter der Bürokratie, aber diese ist nicht wirksam; und in der Konkurrenz zwischen Bund und Ländern können aufgrund der Polaritäten beide zwar destruieren, aber keiner kann wirklich etwas durchsetzen … Eine wesentliche Verwerfung besteht darin, dass die Mittel für die Lehrpersonen vom Bund aufgebracht werden, die Länder aber für die Pflichtschulen die wesentlichen Entscheidungen über die Verausgabung dieser Mittel treffen, ohne darüber Rechenschaft ablegen zu müssen (Landeslehrer) – hier liegt auch die wesentliche Quelle für die dauernden Auseinandersetzungen um die Bildungsbudgets. In Verbindung mit der Trennung von Pflichtschule und AHS ergibt sich daraus eine gravierende Intransparenz der Ressourcenverausgabung – eine weitere Verländerung würde diese Intransparenz auf die Spitze treiben, es ist also nicht irrelevant, wer zuständig ist und wie diese Zuständigkeit gestaltet ist.
Lorenz Lassnigg