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Sag mir, wo die Pläne sind, wo sind sie geblieben?

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Die (nicht mehr so) neue Unterrichtsministerin Dr. Hammerschmied blieb lange  verschwunden. Als sie nun auftaucht, erscheint sie schon ganz angepasst an die seit längerem üblichen Bildungsreformphrasen. Als das Allheilmittel der Probleme im Schulsystem wird die Schulautonomie angesehen.

 Noch immer allerdings wird wenig präzise auch der Inhalt dieses Schlagworts bestimmt. Die Unterrichtsministerin reduzierte ihn letzthin auf die Möglichkeit, dass sich Schulleiter ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst aussuchen dürften. Wie das geschehen soll, wird nicht weiter erläutert.  Da in den Schulen mit Fachlehrerunterricht nicht jeder Lehrer für alle Fächer geeignet erscheint, taucht die Vorstellung eines Lehrer-Supermarkts auf, in dem Schulleiter je nach Bedarf und Sympathie zugreift.

Real und in der Steiermark bereits praktiziert: die Lehrerbörse beim Landesschulrat für die AHS und BMHS. Lehrer stellen sich mit ihren Qualifikationen in die Auslage und Direktoren wählen aus und beantragen beim Landesschulrat die Zuweisung. Damit würde endlich die Mitwirkung der Parteien bei Stellenbesetzungen ausgeschaltet, wird triumphierend festgestellt. Als ob nicht auch Direktoren eine politische Richtung bevorzugen würden und an sie Wünsche hinsichtlich der Auswahl geäußert werden könnten. Und als ob ein demokratischer Staat auch ohne Parteien existieren  könnte.

 Absurd und demokratiepolitisch höchst bedenklich! Schulautonomie kann jedenfalls nicht nur Autonomie für Schuldirektoren bedeuten. Im Geist der Zeit scheint das aber leider zu liegen. Autoritäre Systeme gewinnen immer mehr Sympathien. Ein anderes Bild der Schule wäre angemessener: der Lehrkörper einer Schule als autonome Arbeitsgemeinschaft, die sich ihren Leiter auf Zeit selbst wählt. Der Lehrerkonferenz müsste ein Mitentscheidungsrecht hinsichtlich einer notwendigen Ergänzung oder Erweiterung der Arbeitsgemeinschaft eingeräumt werden.

Das Auswahlprinzip hinsichtlich der Mitarbeiter berücksichtigt nicht,  dass es wohl von der Attraktivität eines Schulstandorts oder einer Schultype abhängt, ob überhaupt eine größere Anzahl von Bewerbern zur Verfügung steht. Ein Problem zeichnet sich für die Neue Mittelschule ab, die nach der Aussage der Ministerin im Gespräch mit der „Kleinen  Zeitung“  vom 10. 9. neben der AHS bestehen bleibt. Da in der neuen Lehrerbildung die Sekundarstufenlehrer einheitlich für alle Schultypen ab der 5. Schulstufe ausgebildet werden, wird sich die Mehrzahl der Absolventen für den Dienst in der AHS oder BHS entscheiden und bewerben. Die Direktoren der Neuen Mittelschulen werden auf am Lehrermarkt nicht fündig werden und von Lehrerzuweisungen der Schulbehörden abhängen. Wie  wird aber zwischen Bewerbungslehrern und Zuweisungslehrern unterschieden?

Autonomie müsste jedenfalls auch dem Lehrer bei der Gestaltung bei seiner  pädagogischen Arbeit zugestanden werden. Die „pädagogische Freiheit“ und damit auch die professionelle berufsethische Verantwortung gemäß § 17 Schulunterrichtsgesetz („Der Lehrer hat in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgaben der österreichischen Schule zu erfüllen“) darf durch die dienstrechtliche Weisungsgebundenheit nicht eingeschränkt werden.  

Schulautonomie hat in erster Linie den Zweck, das gesetzlich einheitlich  geregelte Schulsystem den jeweiligen sozialen und regionalen Gegebenheiten entsprechend curricular zu variieren. Sie steht damit aber im Gegensatz oder wenigstes in einem Spannungsverhältnis zu den modern gewordenen  einheitlichen und zentral gestalteten Leistungsprüfungssystemen (Bildungsstandards, Zentralmatura). Auch dazu müsste sich die Unterrichtsministerin angesichts der vielen kritischen Meinungen äußern. Ihr Hinweis, dass  alles so bleibe, genügt nicht.

Leider ist ein Punkt von ihrer schulpolitischen Agenda verschwunden: die Neugestaltung des Mittelstufenbereichs des Schulsystems. Die neuen Schulversuche mit der Gesamtschule verschieben die Regelung auf den Sanktnimmerleinstag. Dass es so schwer zu verstehen ist, dass ein Schulsystem mit Bildungschancengleichheit von der Vereinheitlichung der Mittelstufe abhängt! Auch die Reform der Volksschule wird sich in Grenzen halten, solange die Volksschule die Berechtigungen für die verschiedenen Schultypen der Mittelstufe erteilt. Die steirische Bildungslandesrätin Lackner weist in der „Kleinen Zeitung“ vom 10. 9. auch darauf hin, dass sich die AHS aus den Aufgaben der Integration und Inklusion herausnimmt und alles der Neuen Mittelschule überlässt.

H.S.