Helmut Seel / "Da streiten sich die Leut´ herum, ..........., am End´weiß keiner nix !"
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Wissenschaftsminister Dr. Hahn bleibt noch vage: „In Puncto einer gemeinsamen Lehrerbildung müsse aber in jedem Fall eine Weiterentwicklung geben. Man werde sich in den kommenden Wochen zusammensetzen und über eine Umsetzung im Sinne der Bologna-Architektur diskutieren." Er meint aber der „Presse" (5.12.2007) gegenüber, dass man über eine gemeinsame Ausbildung der Lehrer von Lehrern für die Zehn- bis Vierzehnjährigen diskutieren könne. Im September war er in der „Presse" (19.9.2007) noch konkreter, als von der Möglichkeit einer einheitlichen Ausbildung der Hauptschullehrer und der AHS-Unterstufenlehrer auf Bachelor-Niveau sprach.
Frau Stadträtin Cortolezi-Schlager verteidigt die Unterrichtsministerin: „Wichtig ist, dass künftig Hauptschullehrer auf dem gleichen Niveau wie ihre AHS-Kollegen ausgebildet werden." Und: „Von meiner Seite gibt es volle Unterstützung für Bundesministerin Schmied, mitzuhelfen, dass künftig eine gleichwertige Ausbildung der Pflichtschullehrer und der AHS-Lehrer gegeben ist."
ÖVP-Schulsprecher Neugebauer bleibt konservativ: „Wenn wir Gymnasiallehrer ausbilden, dann nicht für die Zehn- bis Vierzehnjährigen, sondern für die Zehn- bis Achtzehnjährigen. Das heißt, der Stufenlehrer ist nicht wirklich der Weisheit letzter Schluss." Man sollte vor allem den Pädagogischen Hochschulen nicht den Eindruck vermitteln, es gäbe sie in fünf Jahren nicht mehr. „Das sollte man laufen lassen und die Erfahrungen nach einiger Zeit evaluieren." Er hat wohl vergessen, dass er der „Kleinen Zeitung" (16.6.2007) gegenüber auf die Frage „Wünschen Sie sich eine einheitliche Ausbildung für alle Lehrer?" gemeint hat: „Wir sind mit den Pädagogischen Hochschulen auf dem Weg dazu, nur den ganz großen Sprung haben wir noch nicht geschafft." Und auf die Frage „Könnte also auch die Ausbildung der AHS-Lehrer dorthin übersiedeln?" antwortete er. „Ja, in Verbindung mit einer Aufstockung von sechs auf acht Semester, mit universitärem Charakter, warum nicht?"
Wenn man nicht weiß, kann man nicht handeln. Das mag manchem Betroffenen vielleicht gar nicht unangenehm sein. Im Interesse dringender Reformmaßnahmen im Bereich der Lehrerbildung (Reparatur des „Husch-Pfusch"-Gesetzes über die Pädagogischen Hochschulen aus der Kleinen Koalition 2005) und Auftrag im Koalitionsabkommen über die Einführung der Bologna-Struktur in der universitären Lehrerbildung) ist jedoch klärendes Wissen erforderlich. Die Beantwortung einer Reihe von Fragen erscheint unabdingbar.
Zunächst ist der Wissenschaftsminister gefordert, folgende Frage zu beantworten:
Wird der Abschluss der Studien an den neuen Pädagogischen Hochschulen (Bachelor of Education) von den Universitäten studienrechtlich anerkannt, obwohl die Akkreditierung der Hochschulen und die Graduierung nicht durch eine akademische Behörde erfolgt ?
Wird die der Bologna-Architektur entsprechende Reform des Lehramtsstudiums an der Universität, das derzeit im Diplomstudium eine Lehrbefähigung für die Zehn- bis Neunzehnjährigen vermittelt, tatsächlich eine Lehrbefähigung für die Zehn- bis Vierzehnjährigen mit Bachelor-Graduierung und ein Lehramt für die Fünfzehn- bis Neunzehnjährigen mit einem Master-Abschluss bringen ?
Frau Stadträtin Cortolezi-Schlager ist zu fragen:
Erscheint Ihnen eine zukünftige gleichwertige Ausbildung der Pflichtschullehrer und der AHS-Lehrer nur an einer Universität möglich oder könnte sie auch an einer weiterentwickelten Pädagogischen Hochschule erfolgen ?
Was erachtet sie als erforderlich, dass die Hauptschullehrerausbildung eine gleichwertiges Niveau wie die AHS-Lehrerbildung erreicht ?
Schulsprecher Neugebauer sollte beantworten:
Was spricht gegen eine Stufenlehrer-Ausbildung, die sich in ihren Zielen und Inhalten auf die Alterstufe der zu unterrichtenden Schüler konzentriert und der Bildungsfunktion der Stufe im gesamten Bildungssystem verpflichtet sieht ?
Was ist für den großen Sprung der Pädagogischen Hochschulen zum universitären Charakter neben einer Studienzeitverlängerung noch notwendig ?
Allerdings sind dringende Fragen auch an die Frau Unterrichtsministerin Schmied zu richten:
Was werden Sie unternehmen, um aus der fragwürdigen Hinterlassenschaft der Ministerin Gehrer (Lehrerbildung in Postsekundären Einrichtungen) echte Hochschulen mit äußerer (Satzungsfreiheit) und innerer (Lehr- und Forschungsfreiheit) Autonomie zu machen ?
Oder wird durch Ihre Aussage zur gemeinsamen Ausbildung für alle Lehrer (an der Universität ?) ein neues konkretes Reformziel der sozialdemokratischen Lehrerbildungs-Politik proklamiert, wodurch man auf die Novellierung des Gesetzes über die Pädagogischen Hochschulen im Sinne der sozialdemokratischen Zielstellungen des Jahres 1999 verzichten könnte ?
Wann wird durch eine Novellierung des § 3 des Schulorganisationsgesetzes endlich eine Sekundarstufe I (Bereich der Schulen für die Zehn- bis Vierzehnjährigen) nach internationaler Gepflogenheit ausgewiesen, um daraus eine einheitliche Ausbildung eines Mittelstufenlehrers ableiten zu können ?
Werden Sie im Falle einer Ablehnung der Stufenlehrerbildung bei der Reform der universitären Lehrerbildung die bisherige Hauptschullehrerbildung zu einer neunsemestrigen Mittelstufenlehrer-Bildung mit Master-Abschluss ausbauen?
Der Schulsprecher und der Wissenschaftssprecher der SPÖ müssen sich aber auch fragen lassen:
Welche Initiativen zur Reform des Gesetzes über die Pädagogischen Hochschulen, das die SPÖ im Nationalrat und im Bundesrat abgelehnt hat, weil es nicht den Absprachen zwischen SPÖ und ÖVP in der Großen Koalition 1999 entspricht, werden vorbereitet?
Welche Änderungen des Universitätsgesetzes 2002, das von der SPÖ im Nationalrat abgelehnt wurde, weil es durch die Privatisierung der Universitäten nicht den Vorstellungen einer sozialdemokratischen Hochschulpolitik entspricht, werden überlegt?
Dem Beobachter der Situation drängt sich unvermeidlich die Frage auf:
Ist das Schweigen der für die Bildungsfragen in der SPÖ verantwortlichen Parlamentarier eventuell als nachträgliche Zustimmung zu diesen Gesetzen zu interpretieren ?
Fragen über Fragen ! Ihre Beantwortung könnte dazu führen, dass wenigstens alle Betroffenen und Interessierten bald den Zustand des Nichtwissens beenden könnten.