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Jetzt fehlt nur noch die "Hochschule" dazu!

von Helmut Seel
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Der Entwurf des Dienstrechtsgesetzes für die Pädagogischen Hochschulen kann - ohne dass auf eventuelle Teilprobleme eingegangen werden soll - als gelungenes Konzeptangesehen werden. Es wird damit aber jedenfalls auch klar gestellt, dass die Lehrerbildung in Österreich nicht in die Universitäten integriert werden wird. Die Pädagogischen Hochschulen werden als Institutionen des Bundes erhalten bleiben und nicht der verhängnisvollen Entwicklung der Universitäten zu Institionen des öffentlichen Rechts (begründet durch das Universitätsgesetz 2002, das von der SPÖ nicht mit beschlossen wurde) folgen. Die Konsequenz aus dem Universitätsgesetz 2002 für die Universitätslehrer ist, dass sie nun Privatangestellte mit einem Kollektivvertraggeworden sind.

Die Pädagogischen Hochschulen müssen daher ihren Hochschulstatus selbständig definieren, etwa entsprechend der Fachhochschulen. Mit den Universitäten wird eine entsprechende Kooperation zu suchen sein. Diese sollte insbesondere im Bereich der fachlich-wissenschaftlichen Ausbildung insbesondere für die Sekundarstufenlehrer liegen müssen. Die pädagogisch-professionelle Ausbildung der Lehrer inklusive der Fachdidaktik ist an den Pädagogischen Hochschulen zu konzentrieren. Dies erfordert insbesondere eine Klärung bzw. Änderung der Ausbildung der Lehrer an höheren Schulen, die bisher als Diplomstudium zur Gänze an den Universitäten angesiedelt ist.

Die Korrekturbedürftigkeit des Gesetzes für die Pädagogischen Hochschulen 2005 soll hier nur an vier Gesichtspunkten veranschaulicht werden:

  • Es fehlt den Pädagischen Hochschulen ein Kollegialorgan (Senat), das hochschuladäquat an wesentlichen Entscheidungsprozessen mitwirkt und ein Gegengewicht zum jeweiligen Hochschulrat, der für politische Entscheidungsprozesse eingerichtet wurde, darstellt. Dies betrifft insbesonderedie Bestellung des Rektorats und - dem Dienstrechtsvorschlag entsprechend -die Entscheidungsfindung im Prozess der Bestellung der zukünftigen PH1-Professoren. Die bestehenden Studienkommissionen können ein solches Kollegialorgan nicht ersetzen. Sie haben - ihrem Namen entsprechend - einen anderen Aufgabenbereich.
  • Es fehlt eine Einrichtung, welche den wissenschaftlichen Status der Pädagogischen Hochschulen sichert. Im Bereich der Fachhochschulen ist dies der Fachhochschulrat. Im Gesetzesentwurf ist nun auch von einem wissenschaftlichen Beirat die Rede, als Organ zur Überprüfung der Qualifikation der PH1-Professoren. Dieser Beirat, in welchem wohl entsprechende Fachvertreter der Universitäten maßgeblich sein müssen, sollte aber auch (wie der Fachhochschulrat bezüglich der Fachhochschulstudiengänge) die Approbation der Curricula der Lehreraus- und - fortbildung übernehmen. Deren Genehmigung durch das Ministerium analog zu den Schullehrplänen entspricht nicht dem Hochschulstatus. Dabei wird wohl auch die totale Modularisierung der bestehenden Studiengänge zu reformieren sein. Eine auf Professionalität der Lehrer abzielende Ausbildung hat zwar auf einen anwendungsorientierten Umgang mit den einschlägigen Wissenschaften vorzubereiten, diese aber auch als solche in ihrer wissenschaftlichen Systematik und Methodik zu vermitteln.
  • Diese curricularen Neuordnungen stehen auch in einem Zusammenhang mit der Einführung der Kategorie der PH1-Professoren. Diese sind wohl Vertreter der bestehenden Wissenschaften. In der"Milchmädchenrechnung" in den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf sollte jede Pädagogische Hochschule über fünf derartige Vertreter der für die pädagogisch-professionelle Ausbildung der Lehrer relevanten Wissenschaften verfügen, etwa Erziehungswissenschaft,Unterrichtswissenschaft (Schulpädagogik, Didaktik), Elementarpädagogik,Pädagogische Psychologie, Pädagogische Soziologie. In einem teilmodularisiertenCurriculum ist deutlich zu machen, in welcher Weise sie praxisrelevante Beiträgeerbringen können. Die Zahlenspiele in den Erläuterungen, die dort durch den Nachweisversuch einer kostenneutralen Erneuerung der Personalstruktur der Pädagogischen Hochschulen begründet werden, erscheinen in mehrfacher Hinsicht obsolet. Bei einer Überleitung aller bisher bestellten LPA-Professorenwird die vorgesehene Gesamtzahl von 65 PH1-Professoren bereits deutlich überschritten. Zum zweiten ist die Zahl der notwendigen PH1-Professuren wohl auch in Abhängigkeit der Studierendenzahlen zu betrachten. Will man also den Gesichtspunkt der Kostenneutralität tatsächlich wahren, wird wohl eine Neuausschreibung und Neubesetzung aller PH1-Professorenstellen unvermeidlich sein. LPA-Professoren, welche in diesem Verfahren infolge fehlender Qualifikationserfordernisse nicht den Status der PH1-Prossoren erreichen können, sollten dann der Kategorie PH2 zugeordnet werden.
  • Eine Besinnung auf einen einheitlichen Umgang mit der Einrichtung der Institute erscheint damit unvermeidlich.Das Gesetz über die Pädagogischen Hochschulen 2005 ist diesbezüglich zurückhaltend vage. In der Realisierung der Pädagogischen Hochschulen wurde der Spielraum unverantwortlich intensiv ausgenützt. Eine Neustrukturierung sollte sowohl disziplinorientiert (lnstitute für die wissenschaftlichen Disziplinen) als auch funktional (z.B. Institute für Studiengänge der Ausbildung und der Fortbildung) ausgerichtet sein. Die Forschungsaufgaben sind dabei diesen Instituten zuzuordnen.

Eine Schlussbemerkung: Mit dem Gesetzesentwurf für das Dienstrecht der Pädagogischen Hochschulen geht ein Lernprozess der Unterrichtsministerin zu Ende, welche 2008 die sozialdemokratische Linie der Lehrerbildungsreform partout nichtfortsetzen wollte. 2005 hat die SPÖ das Gesetz über die Pädagogischen Hochschulen der schwarz-orangen Koalition wegen der Mängel am Hochschulstatus der Institution abgelehnt und einen Alternativentwurf im Nationalrat eingebracht, der von der Regierungsmehrheit jedoch abgelehnt wurde. Dieser Entwurf sah eine Pädagogische Hochschule vor, wie sie sich jetzt abzeichnet. Die Unterrichtsministerin hat jedoch die Kontinuität der sozialdemokratischen Bildungspolitik ignoriert und damit Jahre des Reformprozesses verloren.