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Die „Walefanten“: Wiedergeburt der 2002 ausgestorbenen Species der Universitäten als staatliche Einrichtung ?

von Helmut Seel
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Die Wortschöpfung verdanken wir Professor St. Hopman, der in seinem Beitrag im „Standard“ vom 29.11. damit die Skurrilität der Lehrerbildungsentwicklung aus seiner Sicht charaktersisieren wollte. Wie sollte man die Riesengeschöpfe der bestehenden Lehrerbildungsstränge auch anders sehen: die Elefanten „Universitäten“ und die Wale „Pädagogische Hochschulen“. Beides Säugetiere (an der Brust des Staates), letzere noch im Frühstadium des Wassertieres, erstere aber bereits auf das Land emanzipiert ?

Das Bild ist unscharf, sind doch nicht die Universitäten als ganze gemeint, sondern nur die Lehrerbildung an den Universitäten, die man gerade nach einem langen Entwicklungsprozess und wohl nur unter dem aktuellen Reformdruck als besondere Aufgabe (Ausbildung) wahrnimmt und für die man besondere Subinstitutionen (Schools of Education, Pädagogische Zentren, Pädagogische Fakultäten) schafft.

Die Universitäten lehnen eine „Zwangsehe“ ab und begründen dies mit dem Widerspruch zu ihrer Autonomie im Curriculumbereich. Fürchten sie die Mesalliance mit einer nicht standesgemäßen Braut? Die Schwierigkeiten der ehelichen Verbindung liegen tiefer. Sie wurzeln in der unterschiedlichen bekenntnismäßigen Identität: hier die Universität als Körperschaft öffentlichen Rechts mit privatisierten Angestellten als Personal, dort die Pädagogische Hochschule als staatliche Institution mit öffentlich Bediensteten als Personal. Und letztere werden diesen Status auch nicht aufgeben, wie die Novelle zum Beamtendienstrechtsgesetz 2012 beweist.

Soll die Lehrerausbildung institutionell vereinigt werden, wie dies in dem von den zuständigen Bundesministern Schmied und Töchterle akzeptierten Vorschlag des Enwicklungsrates für PädagogInnenbildung (der Vorschlag hat allerdings den Ministerrat noch längst nicht passiert), so ist dies nur in einer neuen Institution möglich: der Pädagogischen Universität. Der Entwicklungsrat spricht dies zwar nicht so deutlich aus, aber die von ihm beschriebenen Trägereinrichtungen der PädagogInnenausbildung NEU sind nichts anderes: „Anbieter sollen eigenständige und international konkurrenzfähige Forschung in allen für PädagInnenbildung relevanten Wissenschaftsbereichen sowie eine berufsfeldbezogene institutionaliserte Praxisanbíndung aufweisen und über die dafür notwendige personelle Austattung verfügen“.

Man braucht diesen „Walefanten“ aber nicht im luftleeren Raum neu zu konstruieren. Das Universitätsorganisationsgesetz (UOG) 1993 und das Universitsstudiengesetz (UniStG) 1997, die beide durch das Universitätsgesetz (UG) 2002 außer Kraft gesetzt wurden, könnten Grundlagen bieten. Das UOG 1993 sicherte den staatlichen Universitäten durch verfassungsrechtliche Ausnahmebestimmungen die Unabhängigkeit in organisatorischer (Satzung, Rektorswahl) und wissenschaftlicher (Forschungs- und Lehrfreiheit gem. Artikel 17 Staatsgrundgesetz 1867) HInsicht, das UniStG 1997 reduzierte den staatlichen Einfluss auf die Curriculagestaltung auf Verfahrensvorschriften für ihre Entwicklung (Begutachtungsverfahren) und ein Einspruchsrecht bei Verfahrensfehlern.

Entwicklungen sind von beiden Seiten mit entgegengesetzter Richtung notwendig. Die Universitäten müssen den im europäischen Vergleich ohnehin überzogenen Autonomieanspruch des UG 2002 im Bereich der Lehrerausbildung und der dafür entstehenden oder bereits geschaffenen Institutionen zurücknehmen, die Pädagogischen Hochschulen müssen den unzulänglichen Hochschulstatus der Hochschulgesetzes 2005 überwinden. Daraus könnten die „Walefanten“ als Pädagogische Universitäten geboren werden. Um im Bild zu bleiben: Diese könnten als Amphibien der PädagogInnenbildung in der Sonne der Rationalität der Wissenschaften ebenso zu Hause sein wie in den Wogen der Emotionalität und durch angemessene Mischungsverhältnisse den PädagogInnen von der Elementarstufe (Vorstufe des Schulsystems) bis zur Sekundarstufe II (Oberstufe des Schulsystems) gleichermaßen gerecht werden.