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Lehrerbildung neu – teuer erkauft!

von Klaus Satzke
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Im Endergebnis hat Ministerin Dr. Schmied eine Ausbildung für künftige Lehrer an der Neuen Mittelschule ausverhandelt, die länger als die bisherige Hauptschullehrerausbildung dauert und - formal betrachtet – mit einer Master-Qualifikation analog zur Ausbildung für AHS – Lehrer abschließt. Sieht man einmal davon ab, dass das Projekt „Neue Mittelschule“ mit großer Wahrscheinlichkeit in der Sackgasse einer Hauptschulreform „wie bereits gehabt“ münden dürfte, so könnte man das als einen Erfolg ansehen. Damit soll gar nicht in Abrede gestellt werden, dass die PädagogInnenausbildung Neu viele wichtige Neuerungen enthält, die durchaus als Fortschritt zu betrachten sind. Unter bildungspolitischem Aspekt betrachtet enthält der Entwurf für eine Novelle zum Hochschulgesetz allerdings schwere Defizite.
Kein Stufenlehrer, sondern ein fauler Kompromiss
Für den Sekundarbereich wird es nämlich unterschiedliche Masterstudiengänge geben, die sich in der Dotation von ECTS-Credits (60 Credits für vertiefende, 90 Credits für facherweiternde Studien) klar unterscheiden.
Die umfänglichere Version entspricht dem Lehramt für allgemeinbildende höhere Schulen, wird aber in der „neuen Studienarchitektur“ der Gesetzesnovelle als Lehramt im Bereich Sekundarstufe (Allgemeinbildung) bezeichnet. In den Erläuterungen zum Gesetzesentwurf wird dann aber doch klargestellt, dass dieser Studienabschluss den Einsatz an höheren Schulen ermöglicht.
Die Schmalversion (60 ECTS) hat im Gesetzesentwurf keine eigene Bezeichnung. In den Erläuterungen erfährt man, dass kurzfristig (2013/2014) das Lehramt für Hauptschulen durch „Lehramt für Neue Mittelschulen“ ersetzt wird, „bis zum Inkrafttreten der Pädagoginnen- und Pädagogenausbildung NEU mit ihrer neuen Lehramtssystematik“. Nur schade, dass diese Lehrämtersystematik in der vorliegenden Entwurfsfassung keine Klärung herbeiführt.
Fazit: Im vorliegenden Verhandlungsergebnis ist weder ein Stufenlehrerkonzept realisiert, obwohl sich dieses bei den beiden Master-Versionen anbieten würde (Mittelstufenlehrer + Oberstufenlehrer), noch gibt es die „general version“ eines Sekundarlehrers, weil in der vorgeschlagenen Nomenklatur der Novelle das „Lehramt für den Sekundarbereich /Allgemeinbildung“ (90 ECTS) der AHS vorbehalten ist, und damit die „Schmalversion“ (60 ETCTS) begrifflich in der Luft hängt. Kann das Zufall sein oder soll hier verschleiert werden, dass nach wie vor in der Mittelstufe unseres Schulwesens zwei unterschiedlich qualifizierte Lehrergruppen unterrichten werden?
Kein Schritt in Richtung einer institutionellen Zusammenführung
Was die Frage der institutionellen Weiterentwicklung betrifft, läuft alles auf die Beibehaltung der Parallelführung von universitärer und hochschulischer Lehrerbildung hinaus. Zwar gibt es im Novellenentwurf jede Menge Beschwörungsformeln für Kooperation, wirklich bindend gilt das aber nur für den Fall, dass eine Pädagogische Hochschule das „Lehramt für den Sekundarbereich (Allgemeinbildung)“, also die AHS-Version der Ausbildung anbieten will. Immerhin kann sie das, allerdings mit strikten und weitreichenden Auflagen, die auf eine Aufgabenteilung hinauslaufen und daher eher trennenden als zusammenführenden Charakter haben.
So wie es dem Verfassungskonvent nicht gelungen ist, in einem Land von der Größe Bayerns, das sich nochmals in 9 Bundesländer gliedert, auch nur ansatzweise zu einer Verwaltungsreform bzw. Anpassung der politischen Strukturen zu gelangen, genau so wenig scheint es möglich zu sein, von einem System der 2-gleisigen Lehrerbildung mit 6 Universitäten auf der einen Seite und 14 Pädagogischen Hochschulen auf der anderen Seite abzugehen. Dabei geht es im konkreten Fall gar nicht um Ideologie, sondern um die Frage, ob in unserem Land im Allgemeinen und in der Bildungspolitik im Besonderen überhaupt noch größere Reformvorhaben mit einer längerfristigen Perspektive realisierbar sind.
Defizite in der Strategie zur Erreichung längerfristiger Ziele
Wie auch bei anderen Vorhaben zeigt sich an diesem Beispiel, dass die Sozialdemokratie in Regierungsverantwortung immer wieder langfristige Entwicklungsperspektiven zu Gunsten kleiner tagespolitischer „Erfolge“ aufgibt.
Beim Scheitern in Sachen Lehrerbildung sind einmal mehr schwere Defizite in der Entwicklungsstrategie festzustellen. Zu beobachten ist immer wieder ein ähnliches Muster: Die Politik verkündet großklotzig ein wichtiges Vorhaben, richtet in der weiteren Folge Kommissionen ein, die ohne klare politische Vorgaben dahinwurschteln und schaltet sich viel zu spät ein, wenn es um das Ausverhandeln des Endergebnisses geht.
Im konkreten Fall besteht der Eindruck, dass sich die beiden Minister erst kurz vor der Regierungsklausur im November auf ein gemeinsames Rahmenpapier geeinigt haben, von dem dann in der weiteren Folge immer wieder Abstriche gemacht werden mussten, bis es zur aktuellen Präsentation der Entwürfe für ein Hochschulgesetz bzw. Universitätsgesetz gekommen ist.
Dabei geht es gar nicht allein um eine Vereinbarung auf der Ebene der beiden Minister. Es ergibt sich der Eindruck, dass es nie ernsthafte Gespräche mit den Universitäten gegeben hat, die zu einer Klärung vorhandener oder fehlender Bereitschaft für eine institutionelle Zusammenarbeit geführt hätten. Viel zu früh schwenkte die Ministerin auf die Linie des Erhaltens der Zuständigkeit für die Pädagogischen Hochschulen ein , und viel zu wenig (wenn überhaupt) wurde mit den Universitäten darüber geredet, dass im Rahmen einer Berufsausbildung eine gewisse Wahrung öffentlicher Interessen notwendig ist und man sich nicht auf eine Autonomie l’art pour l’art zurückziehen kann.
Im Endeffekt liegen nun Entwürfe zu Gesetzesnovellen vor, die sich in nachgeradezu kunstvoller Art darum bemühen, das Scheitern in wesentlichen Fragen zu verschleiern. Vielleicht sollte man in ähnlich gelagerten Fällen die Texte in Sanskrit oder Kirchenlatein verfassen, dann wären ebenfalls weite Teile der Öffentlichkeit von einer Information ausgeschlossen, es stünden aber wenigstens qualifizierte Experten zur Übersetzung in ein verständliches Deutsch zur Verfügung.