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Und sie bewegt sich doch! Reform der Schulverwaltung

von Klaus Satzke
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Wenn es um die Einrichtung von Kommissionen geht, ist diese Regierung bemerkenswert handlungsfreudig, siehe Kommission für die Verwaltungsreform, siehe Untersuchungskommission zur Hypo-Alpe-Adria, sie Expertenkommission zur Steuerreform.
Eben noch haben wir in unserem Beitrag „Schulverwaltungsreform – Und täglich grüßt das Murmeltier“ die Vermutung geäußert, dass beim aktuellen Stand der Ratlosigkeit dieses Thema sanft entschlafen ist, da wird in den letzten Tagen bekannt, dass eine Expertenkommission zur Reform der Schulverwaltung eingerichtet wurde. Nochmals sei an dieser Stelle betont, dass die Dringlichkeit des Themas ohne Zweifel gegeben ist. Aber ebenso steht außer Streit, dass die grundsätzlichen politischen Positionen stark divergieren. Wenn da etwas „rauskommen“ sollte, riecht man förmlich schon den faulen Kompromiss. Nichts gegen Kompromisse, aber sie bedürfen der sorgfältigen Abwägung im Hinblick auf die längerfristige Entwicklung. Es ist leider ein Merkmal österreichischer Politik, dass man immer dann, wenn keine Lösung in Sicht ist, die Flucht in eine Kommission sucht. Man gewinnt Zeit und mit der Zeit kommt – zumindest im Sprichwort – auch Rat.
Immerhin gibt man der Expertengruppe auch einige Themen vor:

• Verwaltungsvereinfachung: Die Experten sollen klären, wie die Schulverwaltung formal aufgebaut werden soll, und Vorschläge zu Einsparungen liefern.
• Postenbestellungen: Hier geht es unter anderem um die Art der Bestellung von Direktoren. Der Einfluss der Politik soll unterbunden werden.
• Personalverwaltung: Darunter fällt etwa die Zuständigkeit für das Lehrpersonal. Derzeit sind die Länder für Pflichtschullehrer zuständig und der Bund für AHS- und BMHS-Lehrer.
• Schulbauten: Auch hier gibt es unterschiedliche Zuständigkeiten von Bund und Ländern, die von der Kommission entwirrt werden sollen.
• Schulautonomie: Die Schulstandorte könnten mehr Verantwortung bekommen
Das klingt nicht unvernünftig, allerdings sind hier drei Einschränkungen zu machen:

- Verwaltungsvereinfachung und Einsparungen werden dem Anliegen einer Systemreform nicht per se gerecht. Zurecht fordert der Rechnungshofbericht „Schulaufsicht“ v. 27.8.2009 : „Eine einheitlich geführte und wirkungsvolle Ressourcen- und Ausgabensteuerung fehlt. Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung kann durch die unterschiedliche Kompetenzlage nicht wahrgenommen werden.“
- Auch die Schulautonomie muss Teil einer Systemreform sein. Man kann sie nicht unter dem Motto „Darf’s a bisserl mehr sein?“ führen. Wo ist das Autonomie-Paket, das die Ministerin angekündigt hat?
- Postenbestellungen, Personalverwaltung und Schulbau sind leider Teil eines politischen Systems geworden, das noch aus der Zeit der 60er-Jahre stammt (Verteilung und Aufteilung von Machtbereichen). Kann, darf bzw. will eine Arbeitsgruppe in dieser Zusammensetzung (siehe unten) tatsächlich dieses System verändern?

Die Zusammensetzung der Expertengruppe:

- eine Verwaltungsjuristin und Spitzenbeamtin aus dem BKA
- eine ehemalige Mitarbeiterin aus dem Ministerbüro von Claudia Schmied
- ein Landeschulratsdirektor
- zwei Amtsführender Präsidenten von Landesschulräten
- zwei Vertreter der Länderzuständigkeit für Bildung
- ein Vertreter der Industriellenvereinigung, der auch Präsident der Katholischen Aktion ist

Nichts gegen diese Teilnehmer in ihrer persönlichen Integrität, aber ist eine Systemänderung durch Personen möglich, die fast ausschließlich Vertreter eben dieses Systems sind, das sie reformieren wollen? Wie konsensfähig werden die Resultate sein, wenn in der Gruppe zwar die Industriellenvereinigung, aber kein Vertreter aus der Bildungsabteilung der Arbeiterkammer eingeladen ist?
Und noch eine weitere Frage drängt sich auf: Haben die etablierten Parteien keinen Zugang mehr zu Experten aus dem vor-politischen Raum, aus der wissenschaftlichen Community? Oder will man die ganz einfach nicht? Oder glaubt man, sie nicht zu brauchen, weil ohnedies nur minimale Veränderungen vorgesehen sind?