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Liessmanns "Geisterstunde": Alles ganz einfach?

von Herbert Winkler
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Eines ist klar. Liessmann, Philosophieprofessor an der Universität Wien, ist immer unterhaltsam. Er denkt scharfsinnig und kann trefflich formulieren. Die einzelnen Kapitel der „Geisterstunde“  beginnen stets mit dem Satz „Es ist gespenstig“. Am Ende jeden Kapitels resümiert der Autor mit „Dabei wäre alles ganz einfach“ seine Vorstellungen, wie er sich die schulische und universitäre Welt vorstellt. Alltagsraunzer und schulferne Leser werden beim Lesen heftig applaudieren und Niedrigblutdruckleser werden aufblühen. Die Argumente haben keine lauwarme Beliebigkeit, sie sind gut gesetzt. Es gibt Aussagen, die auch praktizierende Pädagogen sofort unterschreiben werden. Lehrerinnen und Lehrer, die täglich im Windkanal der pädagogischen Arbeit stehen, werden Liessmann  allerdings nur teilweise Recht geben. Die Arbeiten mit den Zeitgeistjugendlichen sind viel komplizierter geworden, als sich das Kant, von Humboldt oder Nietzsche gewünscht hätten. Die hochhehren Ziele der ehemaligen und heutigen Würdenträger der Philosophie sind wohl allgemeingültig, aber in den heutigen Schulen eine Themenverfehlung. Arbeitswelt und Leistungsgesellschaft verlangen in der Schule das Planen, Kontrollieren und Evaluieren von Bildungsprozessen, und ein Unterricht mit bemooster Didaktik hält junge Menschen bestenfalls im Standby-Status der Aufmerksamkeit. Vergnüglich zu lesen ist das Büchlein allemal, auch wenn man ganz anderer Meinung ist.