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Dauerbrenner Schulautonomie

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Wieder einmal bestimmt das Schlagwort „Schulautonomie“ die bildungspolitische Reformdebatte. Zwar ist noch immer nicht klar, was damit gemeint ist, aber es verspricht vieles:

  • Autonomie des Lehrers auf der Grundlage des SchUG §17 und als Konsequenz der wachenden Professionalität,  welche die reformierte Lehrerbildung vermittelt?
  • Autonomie als Recht des Lehrkörpers, den Schulleiter auf Zeit zu wählen?
  • Autonomie des Schulgemeinschaftsausschusses  bezüglich von Schwerpunktsetzungen mit Auswirkungen auf den Lehrplan?
  • Autonomie der Schulleiter hinsichtlich der Auswahl neuer Lehrer aus einem Register der Schulverwaltung?

Derzeit wird nur von dem schmalbrüstigem Letzterem geredet.

Begeben wir uns auf eine Zeitreise durch Ordner mit Materialien, die zur Schulautonomie gesammelt wurden. Der erste und wichtigste Fund  ist die vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst herausgegebene hektographierte Broschüre „Autonomie an Schulen, Materialien – Konzept – Standpunkte“ aus dem Jahr 1991. Politische Grundlage war das Regierungsübereinkommens 1991, dessen relevanten Stellen im Heft beigelegt sind. Darin ist u. a. zu lesen; „Im Rahmen einer Regionalisierung und Autonomie der Schulen  ... ist innerhalb eines bundeseinheitlichen Rahmens die verstärkte administrative und pädagogische Eigenständigkeit im Regelschulwesen  zu ermöglichen. ... Bei der Vergabe von Leitungsfunktionen  soll ausschließlich die Qualifikation maßgebend sein, die Mitwirkungsmöglichkeiten  aller am Schulleben Beteiligten (!) sind auszubauen.“

Das gut redigierte Heft (Redaktion MR Dr. Helmut Bachmann) mit den Inhalten: 1 Vorbemerkungen- 2 Politische Statements 3 Konzepte der Autonomie – 4 Forschungsprojekte – 5 Rechtliche Rahmenbedingungen – 6 Veranstaltungen – 7 Aufsätze – 8 Erfahrungen mit Autonomie im Ausland – 9 Presseberichterstattung – 10 Zusammenfassung würde eine Neuauflage verdienen, wobei vor allem eine Aktualisierung des Schriftverzeichnisses (kommentierte Veröffentlichungen)  notwendig wäre. Dies könnte der Versachlichung der Diskussion der heute Mitwirkungs- und Entscheidungsbeteiligten dienen. Das Rad muss ja nicht in jeder Generation von Experten und Verwaltungsbeamten neu erfunden werden. Allerdings sind veränderte gesellschaftliche Rahmenbedingungen zu beachten, die neoliberales und autoritäres Gedankengut als Gegenkräfte der Schulautonomie zeigen. Man kann nicht gleichzeitig eine zentrale Steuerung des Schulsystems (Zentralmatura, Pflichtstandards) und die vielfältige Eigenständigkeit der Schulen gleichzeitig haben.

 In den Publikationsorganen aller politischen Lehrervereinigungen wurde damals das Thema diskutiert. K. H. Gruber gab bereits 1990 einen Blick über die Grenzen: „Schulautonomie – Ein Blick  nach Europa“. B. Hackl gibt in seinem Beitrag in der Zeitschrift Die Deutsche Schule 1998 eine gelungene Darstellung der ersten Phase der Autonomie-Diskussion mit dem vielsagenden Titel „Aufbruch aus der Krise? Schulautonomie in Österreich  zwischen Reformbedarf, Demokratisierung und Marktrhetorik“.

Da fragt doch der kleine Franzi seinen Lehrer: „Herr Lehrer, was ist Schulautonomie?“.  Das provoziert eine Assoziation: Bedarf die Schulreform vielleicht eines Teilchenbeschleunigers? Wer die Entwicklung der Schulautonomie seit 1990 verfolgt hat, fragt sich jedenfalls: Warum sollte es diesmal gelingen?