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Casino-Affäre und ministerieller Strukturwandel!

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Wenn man die Casino-Affäre mit Distanz betrachtet, dann ergibt sich das Bild  eines in sich zerstrittenen Unternehmens, bei dem es in Wahrheit schon seit Längerem um einen brutalen Machtkampf um Einfluss und die Verteilung einträglicher Gewinne geht. Wer da sagt, das wäre alles anders, wenn der österreichische Staat nicht Miteigentümer an diesem Unternehmen wäre, der irrt. Allerdings sollte man nicht übersehen, dass in diesem Schmierentheater um Lizenzen und Postenvergaben den Ministerbüros bzw. den dortigen „Kabinettschefs“ eine ganz wesentliche und durchaus verhängnisvolle Rolle zukommt. Sie sind die Informanten, Intriganten, Einfädler und Zwischenträger, die dem Anschein nach immer im  Auftrag ihrer Minister, in Wahrheit aber ohne ausreichende Legitimität und außerhalb einer wirksamen Kontrolle handeln. Wenn sie klug sind, dann arbeiten sie zwar vordergründig im Interesse ihres Ministers, oftmals aber und unübersehbar im eigenen Interesse. Die veröffentlichten Mails und Tweeds bestätigen dieses Bild anschaulich. Man kennt alle Entscheidungsträger, kommuniziert mit ihnen auf Augenhöhe, bereitet Entscheidungen vor, versendet Unterlagen, deutet „Lösungen“ an, weiß von Widerständen involvierter Kontrahenten, verhindert diskret und bereitet bei all dem in subtiler Weise seine Karriere vor. Wen wundert es, wenn Thomas Schmid, der oft zitierte Kabinettschef bei Hartwig Löger, heute Chef der staatlichen Beteiligungsholding ÖBAG ist. Barbara Coudenhove – Kalergi (Standard v. 26.12.2018) hat in einem Beitrag („Goldgruber statt Grillparzer“) vor einiger Zeit das Phänomen sehr anschaulich beschrieben: „Nicht mehr die Profibeamten haben in der türkisblauen Republik in den Ministerien das Sagen, sondern die Kabinettsmitarbeiter und Generalsekretäre. / …  / Der Minister stützt sich ohnehin nicht mehr in erster Linie auf seine Spitzenbürokraten, sondern auf seine persönlichen Mitarbeiter, meist Burschenschafter in den blauen Ministerien, Jung-ÖVPler in den schwarzen. Ihnen allen, auch den Beamten, vorgesetzt ist der Generalsekretär, engster politischer Vertrauter des Ministers.“  In den Ministerbüros tummeln sich zahlreiche karrierehungrige, durchaus intelligente und smarte Jungstars mit unklaren Qualifikationen, aber umso klareren Karriereambitionen, die keine definitive Verantwortung, aber umso größere Handlungsspielräume haben. Wie so oft verändert sich ein politisches System langsam, schleichend und zunächst unbeobachtet. Die Casino-Affäre zeigt, dass der Wandel weit gediehen ist! Ist er auch so gewollt?

K.S.

Siehe auch Manfred Matzka "Ministerbüros - die EU als Best Practice", "Der Standard" v. 12.12.2019