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Walser sei Dank!

von Klaus Satzke
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Offenbar haben einige Personen doch noch nicht den Überblick über die Chaos-Inszenierung zum Thema Lehrerbildung Neu verloren, erkennen die Defizite und stellen die richtigen Fragen.

Zitate aus dem Interview mit der „Presse“ v. 23.Jänner 2012 mit Dr. Walser (Bildungssprecher der Grünen):

„Ich fordere einen Lehrertypus neuen Stils – einen Mittelstufenlehrer, der für die Zehn- bis 14-Jährigen zuständig ist.“

„Die Regierung ist sich ja nicht einmal einig, wo diese LehrerInnenausbildung stattfinden soll.“

„Die Ausbildung muss auf universitärem Niveau geschehen. Das muss die Uni sein, die Pädagogischen Hochschulen sind wertvolle Teile der Ausbildung und sollten eingegliedert werden.“

Zur Frage des Mittelstufenlehrers ist allerdings ergänzend hinzuzufügen, dass die sogenannten „Empfehlungen der Vorbereitungsgruppe“ drei unterschiedliche Formen der Sekundarlehrerausbildung vorsehen: Die Studierenden entscheiden sich zunächst im Rahmen des Bachelor-Studiums für den Bereich der Oberstufe oder jenen der „Pflichtschulzeit“ und können sich dann im Rahmen eines Masterstudiums entweder im gewählten Schwerpunktbereich vertiefen oder sich im angrenzenden Altersbereich erweitern. De facto läuft das auf eine vertiefte Ausbildung für die Oberstufe, ein Art Langformausbildung (Pflichtschulzeit + Oberstufe; das entspricht also dem jetzigen AHS-Lehramt) und eine vertiefte Ausbildung „für die Pflichtschulzeit“ hinaus.

Sieht man einmal von dem einigermaßen kuriosen Wortgemurkse „Ausbildung für die Pflichtschulzeit“ ab, dann könnte es sich bei dieser vertieften Master-Ausbildung für die Pflichtschulzeit im Prinzip um so etwas wie einen Mittelstufenlehrer handeln. Um diese Denkmöglichkeit herum ist aber ansonsten jedwede Klarheit und Bestimmtheit vermieden worden. Völlig unklar geblieben sind vor allem alle strukturellen und in letzter Konsequenz bildungspolitischen Fragen. Einige davon sollen nachfolgend in Erinnerung gebracht werden:

- Welchen Stellenwert hat überhaupt das Papier der Vorbereitungsgruppe? Sind das in den Hauptpunkten oder auch in den Details die Zielvorstellungen der Ministerin?
- Ist dieses Papier offizielle Verhandlungsgrundlage bzw. gibt es überhaupt politische Verhandlungen? Wenn ja, mit wem? Mit dem Wissenschaftsminister, mit dem Bildungssprecher der ÖVP?
- Die Systemverträglichkeit der oben skizzierten drei Sekundarlehrerausbildungen scheint jedenfalls grundsätzlich nicht hinreichend diskutiert zu sein (Schulbehörden, Interessenvertretungen etc.). Was bedeutet die „Langformausbildung“ für den Unterricht in der Oberstufe, wenn es gleichzeitig eine spezielle Oberstufenausbildung gibt? Ist die Ausbildung für den „Unterricht in der Pflichtschulzeit“ eine Art von Mittelstufenausbildung eingegrenzt auf den Hauptschul-/Mittelschulbereich?
- Werden im Zusammenhang mit den Ausbildungsfragen auch die zentralen Fragen des Dienstrechts behandelt? Sind die künftigen Lehrer des Sekundarbereiches Bundes- oder Landeslehrer ? Können sie sowohl an Bundes- als auch an Landesschulen eingesetzt werden? Welche Besoldungskonsequenzen ergeben sich aus den Master-Abschlüssen? Welche Aufgaben nehmen Lehrer wahr, die auch auf längere Sicht keinen Masterabschluss erlangen (Im Papier der Vorbereitungsgruppe ist von „nicht-eigenverantwortlichen Bachelors“ die Rede)?
- Wo findet die Ausbildung der Sekundarlehrer statt? Weiterhin in paralleler Form (hier AHS-Lehrer, dort Pflichtschullehrer) oder doch in verschränkter Form? Wie ist die Tatsache zu verstehen, dass bereits ein Entwicklungsrat für die Pädagogischen Hochschulen eingerichtet ist, ohne dass auch nur ansatzweise eine Klärung darüber erfolgt ist, ob sich die derzeitige universitäre und hochschulische Lehrerbildung in einem neuen Konzept zusammenfügen lassen?
- Wie ist es erklärbar, dass man zwar durch eine Novelle zum Schulorganisationsgesetz die Hauptschule durch die Mittelschule ersetzt, im Abschnitt „Lehrer“ aber lediglich die Feststellung vorfindet, dass der Unterricht durch „Fachlehrer“ zu erfolgen hat? Damit wird in einem der zentralen Punkte, der für die Zukunft der Mittelschule wohl von entscheidender Bedeutung ist, eine völlig unverbindliche Leerformel verwendet!

Bei einer derartigen Fülle von offenen Fragen könnte man meinen, man befindet sich am Anfang einer Entwicklungsphase und nicht am Ende einer mehr als zweijährigen Arbeitsphase, die jedenfalls jede Menge Expertisen gebracht hat, in den strukturellen, genuin bildungspolitischen Fragen offenbar aber keinen Millimeter vorangekommen ist.