« vorheriger Artikel | Home | nächster Artikel »

Die Entwicklung der universitären Lehrerbildung vor dem Abschluss ?

von Helmut Seel
Artikel drucken

Die Entwicklung der universitären Lehrerbildung vor dem Abschluss?

Die Ausbildung der Lehrer der Mittelschulen (1962 in „höhere Schulen“ umbenannt) ist in langer Tradition mit den Universitäten verbunden. Im Zusammenhang mit der Neuordnung des Mittelschulwesens (Organisationsentwurf für die Gymnasien und Realschulen 1849), durch welche in den Mittelschulen endgültig das Fachlehrersystem eingeführt wurde, wurde die Vorbereitung auf das Mittelschullehramt den Philosophischen Fakultäten der 1848 modernisierten Universitäten zugewiesen. Die Lehramtsprüfung war eine Staatsprüfung und führte zu keiner akademischen Graduierung. In der Prüfungsordnung 1856 wurden die vorgesehenen (zulässigen) Fächerkombinationen geregelt. Die Lehrbefähigung konnte, abhängig vom stofflichen Umfang der Prüfungen, für die gesamte Mittelschule oder nur für die vierklassige Unterstufe (Bildungsziel gehobene Allgemeinbildung) zuerkannt werden. Die schulpraktische Einführung in die Lehrtätigkeit erfolgte in einem Probejahr an einer Schule. Diese Prüfungsordnung wurde mehrfach novelliert. In der Zeit des autoritären Ständestaats wurden 1937 diese Bestimmungen ein letztes Mal verändert („Verordnung über die Erwerbung der Befähigung für das Lehramt an Mittelschulen – Prüfungsvorschrift für das Lehramt an Mittelschulen“). Diese Verordnung wurde 1945 mit einigen politisch begründeten Veränderungen wieder in Kraft gesetzt.

Die Lehrerbildung wurde erst 1971 zur Aufgabe der Universität, und zwar durch das „Gesetz über geistes- und naturwissenschaftliche Studienrichtungen“ , welches auch für die Kultur- und Naturwissenschaften das Diplomstudium mit der akademischen Graduierung zum Magister der Philosophie (Mag. phil,) oder der Naturwissenschaften (Mag. rer. nat.) einführte. Das Lehramtsstudium wurde ebenfalls in ein berufsvorbereitendes neunsemestriges Diplomstudium umgewandelt. Die Lehramtsstudiengänge wurden Studienzweige der entsprechenden wissenschaftlichen Disziplinen, welche auch fachdidaktische Lehrangebote umfassen sollten. Zwei dieser Studienzweige waren frei zu kombinieren und durch die Pädagogische Ausbildung (10 – 14 Semesterwochenstunden) und das Schulpraktikum (8 Semesterstunden in 12 Wochen) zu ergänzen. Die akademische Graduierung folgte dem Fach, in welchem die Diplomarbeit erstellt wurde. Den Absolventen der alten Lehramtsprüfung wurde auf Antrag der entsprechende akademische Grad nachträglich zuerkannt. Auf Grund einer langjährigen Blockade durch die Studentenvertretung wurden die neuen Bestimmungen über das Lehramtstudium erst ab 1983 wirksam. 1988 wurde, quasi als Ersatz des Probejahrs, auf Grund der Interessen der Schulbehörden (Kontrolle über die Aufnahme in den Schuldienst) und der Studierenden (Anspruch auf einen einjährigen besoldeten Einführungsdienst mit arbeitsrechtlichen Folgen) das „Unterrichtspraktikum“ eingeführt.

Insbesondere zwei Probleme dieses Lehrbildungskonzeptes ließen weitere Maßnahmen erforderlich erscheinen: Die fachwissenschaftliche Ausbildung wurde den Inhalten der Unterrichtsgegenstände (Unterrichtsfächer) nicht gerecht. da diese ja keine Kurz- oder Kümmerformen einer Wissenschaft darstellen, sondern Bildungsfelder, deren Inhalte meist verschiedenen der hochspezialisierten wissenschaftlichen Disziplinen zuzuordnen sind. So finden sich beispielsweise im Fach „Geographie und Wirtschaftskunde“ neben geographischen Stoffen solche aus der Geologie, der Meteorologie, der Astronomie und der Ökonomie. Weiters – und durchaus im Zusammenhang damit – entwickelte sich die Fachdidaktik nicht in erwarteter Ausprägung. Einen Fortschritt brachte daher das „Universitätsstudiengesetz 1997“. Damit wurde ein eigenes Diplomstudium „Lehramt (an höheren Schulen)“ eingerichtet. In diesem Diplomstudium waren die fachlichen Voraussetzungen für den Unterricht in zwei Unterrichtsgegenständen einschließlich der Fachdidaktik und der pädagogischen Ausbildung zu verbinden. In einem der weitgehend frei kombinierbaren Unterrichtsfächer war die Diplomarbeit zu erstellen, welche auch die akademische Graduierung festlegte. Diese Regelungen wurden auch in das „Universitätsgesetz 2002“, welches auch die Studien an den Universitäten regelt, übernommen. Von der Gestaltung der Universitätsstudien im Sinne des einheitlichen europäischen Hochschulraums in Bakkalaureats- bzw. Bachelor-Studien und Magister- bzw. Master-Studien waren die Lehramtsstudien ausdrücklich ausgenommen. Wesentlich ist, dass die Universitäten nun bei der Erlassung der Studien-Curricula und der Regelung der akademischen Graduierung autonom sind.

Im Vollzug des Konzepts der „PädagogInnenbildung NEU“, das für alle Lehrerkategorien eine Ausbildung vorsieht, welche mit dem Master-Grad abzuschließen ist, wurde das Universitätsgesetz 2002 novelliert. Alle Lehramtsstudien – sowohl an den Universitäten als auch an den Pädagogischen Hochschulen - bestehen nun aus einem achtsemestrigen Bachelor-Studium, in welchem zwischen Primarstufe oder Sekundarstufe zu wählen ist, einer einjährigen Induktionsphase und einem zwei- oder viersemestrigen Masterstudium. Beim Lehramtstudium für die Sekundarschulen haben die Pädagogischen Hochschulen mit Universitäten zu kooperieren. In der Novellierung des Hochschulgesetzes 2005 ist vorgesehen, dass den Absolventen der Grad eines „Masters of Education“ (M.Ed.) zu verleihen ist.

Eine analoge Festlegung fehlt in der Novellierung des Universitätsgesetzes 2013 auf Grund der oben erwähnten curricularen Autonomie. Nach der Anerkennung des Lehramtsstudiums als spezifisches Diplom- bzw. Masterstudium ist es allerdings konsequent, dass nun auch ein spezifischer akademischer Grad den Absolventen verliehen wird. Dies müsste in den Curricula der Lehramtsstudien an den Universitäten festgelegt werden. Erst damit käme die Entwicklung der Lehrerbildung an der Universität zu ihrem konsequenten Abschluss.