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PISA 2015 – Strohfeuer ohne Konsequenzen

von Klaus Satzke
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Die Ergebnisse von PISA 2015 haben wieder einmal die berechtigen Frage aufgeworfen, wo die Ursachen für das unterdurchschnittliche Abschneiden im internationalen Vergleich liegen und was in den vergangen Jahren unternommen wurde, um die Defizite zu beheben. Was den Bereich Lesekompetenz betrifft hat der Nationale Bildungsbericht 2012 im Kapitel „Lesekompetenz, Leseunterricht und Leseförderung im österreichischen Schulsystem“ einige sehr klare Antworten gegeben, an die hier auszugsweise erinnert werden soll:

  •  „Insgesamt wird in Österreich relativ wenig Unterrichtszeit für das Lesen verwendet. … Hier liegt Österreich an letzter Stelle von 13 Vergleichsländern, was den Anteil der Schüler/innen betrifft, die mehr als sechs Stunden pro Woche im Unterricht lesen.“
  •  „Es zeigen sich deutlich erkennbare Unterschiede zwischen Klassen im Leseunterricht. In der Erhebung von Schabmann (2007) gab es Lehrer/innen, die das Lesebuch so gut wie nie verwendeten, und solche, die es regelmäßig einsetzten und vollständig mit den Kindern durcharbeiteten.“
  •  „Die Anzahl der Tage, an denen es Einzelbetreuung für schwächere Leser/innen durch die Lehrerin oder den Lehrer gab, reichte von 0 bis 7 von insgesamt 10 erfassten Unterrichtstagen, d. h. es gab Klassen, in denen schwache Schüler/innen keinerlei individualisierte Hilfe erhielten.“
  •  „Die explizite und strukturierte Förderung des Leseverständnisses hat in Österreich im Unterricht so gut wie keine Tradition.“
  •  „Die Analysen zu PISA 2009 ergeben weiters, dass Österreich in der Anwendung aller didaktischen Methoden zur direkten Förderung des Leseverständnisses, die abgefragt wurden (bei PISA im Kontext Leseengagement berichtet), z. T. deutlich unter dem OECD-Durchschnitt liegt.“
  •  „Im Gegensatz … zu EU-Ländern mit besseren Ergebnissen … verfolgen relativ wenige Schulen strukturierte Initiativen, die direkt in den formellen Leseunterricht eingreifen. Nur 29 % der Schüler/innen besuchen Schulen mit eigenen Richtlinien zur Koordination des Leseunterrichts und sehr wenige Schüler/innen (7 %) gehen in eine Schule mit einer schuleigenen schriftlichen Ausarbeitung eines Leselehrplans.“
  •  „Dazu kommt, dass die Erfolge des Erstleseunterrichts an den Schulen in Österreich so gut wie nicht evaluiert werden.“ … „Eine Kultur regelmäßiger Evaluationen besteht in Österreich nicht oder erst seit Kurzem und wenn, dann liegt der Fokus zumeist auf dem Lehrer-Schüler-Verhältnis, den Aktivitäten außerhalb des Lehrplans und dem Feedback von Eltern, weniger auf den Unterrichtsmethoden und den erzielten Leistungen.“
  •  „Vielfach werden (an den Pädagogischen Hochschulen, A.d.Verf.) die Fertigkeiten und Strategien, die LeserInnen  brauchen … um Sinn zu entnehmen, nicht ausreichend unterrichtet. … Besonders die Themenbereiche Lesedefizite / Legasthenie sind an einigen Pädagogischen Hochschulen nicht Gegenstand der Grundausbildung von PflichtschullehrerInnen, sondern werden erst im Rahmen der Lehrerfortbildung angeboten.
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Die Frage an das Ministerium und die Schulbehörden muss vor dem Hintergrund dieser Analysen lauten: Welche Konsequenzen wurden aus den aufgezeigten Defiziten und Mängeln gezogen und was ist der aktuelle Entwicklungsstand bei den eingeleiteten Maßnahmen? Aber exakt diese Diskussion erfolgt nicht, nicht zuletzt deshalb, weil es ja kaum Informationen über Maßnahmen gibt.